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Frisch und frei - Turnplakate aus 100 Jahren

Die Plakatsammlung zu Gast bei der Schweizerischen Nationalbank 29
9.3.2010 - 12.7.2010
Description2010 feiert der Zürcher Turnverband seinen 150. Geburtstag. Turnen im heutigen Sinne hat jedoch kaum noch etwas gemein mit den Anfängen der Turnbewegung. Plakate der letzten hundert Jahren illustrieren dies anschaulich.
Als der deutsche Turnvater Jahn 1811 bei Berlin den ersten Turnplatz eröffnete, verfolgte er deutschnationale, antifranzösische Ziele. Turnen wurde als eine Disziplin verstanden, die der Charakterbildung und der Wehrerziehung diente. Der Sieg über Napoleon 1813 verstärkte den Nationalismus der Turnbewegung: An Turnfesten und auf Turnfahrten wurde die patriotische Gesinnung eingeübt. Dieser übersteigerte Nationalismus führte von 1819 bis 1842 zur Turnsperre. Bereits in diesen Jahren, aber auch nach dem Scheitern der deutschen Revolution, emigrierten viele Turner in die Schweiz.
Hier wurde das Turnen in den Fächerkanon männlicher Erziehung als Vorbereitung auf die Rekrutenschule integriert. Noch in den 1930er Jahren zeigen Turnfest-Plakate exerzierähnliche Aufmärsche und stramme Freiübungen, ausgeführt nach dem Kommando des Vorturners. Nicht nur die ideologische Ausrichtung, sondern auch das Turnerkreuz, das die Fahnen schmückt, wurde aus Deutschland importiert. Es besteht aus der vierfachen Setzung des Buchstabens F als achsengleiches Kreuz durch horizontale und vertikale Spiegelung. Die vier F stehen für den Turnerwahlspruch: "frisch, frei, fröhlich, fromm". SATUS, der 1865 gegründete Schweizer Arbeiter-Turn- und Sportverband, distanzierte sich früh von der Weltanschauung der deutschen Turnbewegung. Anstelle des steifen Kraftsports wurde rhythmisches Bewegungsturnen favorisiert. Die tänzerischen Schritte der Männer auf dem anonymen Plakat von 1926 verdeutlichen dies. Sozialistisch orientierte Turner, die nach 1848 in die USA emigrierten, wandelten den Turnerwahlspruch ab zu "frisch, frei, stark, treu." Die Anfangsbuchstaben dieser Adjektive formten lange Zeit auch das Logo von SATUS. Im SATUS waren immer schon auch Frauen als aktive Turnerinnen vertreten. Bundesweit hingegen wurde der Turnunterricht für Mädchen und Knaben erst ab 1972 obligatorisch. Viele SATUS-Plakate stellen daher nicht die körperliche Betätigung ins Zentrum, sondern das gleichberechtigte Nebeneinander der Geschlechter.
Auch Kunstturner organisierten sich zunächst in eigenen Vereinen. Plakate für Kunstturnertage fokussieren auf männliche Einzelfiguren beim Geräteturnen und zeigen athletische Körper voll Spannung.
Plakate der jüngeren Zeit dokumentieren schliesslich die heutige Entwicklung des Turnens. Frei von politischen Interessen ist es Ausdruck volkstümlicher Bewegungsfreude und individuellem Körperbewusstsein. Turnverbände umfassen breite Sportangebote, die auch den Wellnessbereich einschliessen. In Plakaten für Turnanlässe haben abstrakte, reduzierte Darstellungen die naturalistische Wiedergabe abgelöst. Troxlers Plakat von 1991 zeigt eine Vielzahl von Strichfigürchen, die nicht mehr synchrone Bewegungen ausführen, sondern dem eigenen Körpergefühl folgen.

Veranstalter (gegründet 1875)
Venues
Schweizerische Nationalbank, SNB, Bern/Zürich, CH (Mar 9, 2010 - Jul 12, 2010)

Exhibition numberGGB-20XX-D29
Thesaurus