Wolfgang Weingart
DE, 1941 - 2021
* 1941 in Salemertal; † 2021 in Basel
1958–1960 Besuch der Merz-Akademie in Stuttgart
1960–1963 Lehre als Schriftsetzer in der Druckerei Ruwe in Stuttgart
1964/65 Hospitant bei Emil Ruder und Armin Hofmann an der Kunstgewerbeschule Basel
1968–1999 Lehrer für Typografie an der Weiterbildungsklasse für Grafik der Schule für Gestaltung (SfG) Basel
seit 1972 weltweite Vortragstätigkeit
1978–1999 Mitglied der Alliance Graphique Internationale (AGI)
1999–2004 Lehrer für Typografie an der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) Basel
2005 Ernennung zum Ehrendoktor der freien Künste durch das Massachusetts College of Art in Boston
2013 AIGA-Medaille
2014 Grand Prix Design des Eidgenössischen Bundesamts für Kultur; erste Einzelausstellung in der Schweiz: “Weingart Typografie“ am Museum für Gestaltung Zürich
Wolfgang Weingart besuchte von 1958 bis 1960 die Merz-Akademie in Stuttgart, wo er erstmals mit dem Schriftsetzen in Berührung kam. Es folgte eine Schriftsetzerlehre in der Stuttgarter Druckerei Ruwe, dort lernte er durch den Hausgrafiker die Schweizer Typografie kennen. Schon seine frühen Drucke aus der Lehrzeit zeigten Merkmale der Schweizer Typografie: der unbedruckte Raum, der mitgestaltet wird, der Bezug der Elemente zueinander sowie die klare, asymmetrische Gliederung und formale Reduktion. Zur wichtigen Inspirationsquelle wurde auch die Grafik der “expressiven“ Moderne eines El Lissitzky, Piet Zwart und Kurt Schwitters. Ab 1964 bildete sich Weingart an der Kunstgewerbeschule Basel bei Emil Ruder und Armin Hofmann weiter. Neben der Vermittlung gestalterischer Grundlagen ermöglichte der Kurs individuelle Projekte in der Schulsetzerei. Hier experimentierte Weingart beispielsweise mit dem Buchstaben M oder mit freien Linienkompositionen in Blei. Von 1967 bis 1971 publizierte er einige Kompositionen daraus in den “Typografischen Monatsblättern“ und als Sonderedition. 1969 konzipierte Weingart eine Serie von elf typografischen Textinterpretationen für eine Ausstellung in Stuttgart bei Kurt Weidemann. Die Serie, bei der es Weingart um die Dynamisierung des Satzbilds ging, richtete sich als eine Art Manifest ebenso gegen die Regeln der modernen Schweizer Typografie wie gegen die steife Rastertypografie der Zürcher Konkreten. 1968 begann Weingart an der neu gegründeten Weiterbildungsklasse für Grafik an der Schule für Gestaltung Basel zu unterrichten, die ab 2000 zur Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) Basel wechselte. Weingart blieb hier bis zu seiner Pensionierung 2004. Daneben folgte er Lehraufträgen nach Brissago für das Yale Summer Program in Graphic Design. In seinem eigenen Werk lotete Weingart bis in die frühen 1970er-Jahre den Bleisatz aus und experimentierte auch mit der Foto-Optik. Mitte der 1970er-Jahre begann er, Rasterfilme in Collagen umzusetzen und nahm mit diesem neuen Verfahren gewissermassen das digitale Sampling des postmodernen New Wave vorweg. Ab 1984 förderte Weingart die Verbindung analoger und digitaler Techniken: Auf seine Anregung hin führte die Schule für Gestaltung Basel den ersten handlichen Apple-Computer, den Macintosh, ein. Der Computer diente dabei als “Lernmaschine“ und war in Weingarts Typowerkstatt ein Werkzeug unter vielen. Die Ergebnisse seines Unterrichts und eigene Arbeiten publizierte Weingart in den “Typografischen Monatsblättern“. Er hielt weltweit Vorträge und lehrte als Gastdozent in Europa, Nord- und Südamerika, Asien, Australien und Neuseeland. Seine Arbeiten sind in den Sammlungen der grossen Museen der Welt vertreten. Weingart war von 1978 bis 1999 Mitglied der Alliance Graphique Internationale (AGI) und wurde für sein Lebenswerk mehrfach international ausgezeichnet. 2005 wurde er vom Massachusetts College of Art in Boston zum Ehrendoktor der freien Künste ernannt, 2013 wurde er mit der AIGA-Medaille geehrt und 2014 erhielt er den Grand Prix Design des Eidgenössischen Bundesamts für Kultur. Weingart hat die moderne Schweizer Typografie revolutioniert und den Typografenberuf erneuert. Mit seinem Unterricht prägte er mehrere Generationen von Gestaltern aus der ganzen Welt. 2011 schenkte Weingart einen grossen Teil seines Archivs dem Museum für Gestaltung Zürich.
Quellen:
Institute for Cultural Studies in the Arts und Museum für Gestaltung Zürich (Hg.), “Weingart Typografie“, Zürich 2014
Junod, Barbara, “Untersuchung und Experiment: Hans Rudolf-Lutz und Wolfgang Weingart“, in: Museum für Gestaltung Zürich (Hg.), “100 Jahre Schweizer Grafik“, Zürich 2014