Jacob Müller
Jacob Müller
* 1905 in Zürich; † 1998 in Ronco
1921–1924 Schreinerlehre; Besuch von Wilhelm Kienzles Innenausbau-Unterricht an der Zürcher Kunstgewerbeschule
1924–1927 Lehr- und Wanderjahre
1927 Besuch der Württembergischen Kunstgewerbeschule in Stuttgart, dort Kurse bei Adolf Schneck
ab 1928 Tätigkeit als Architekt; erster selbstständig ausgeführter Bau in Schinznach; Bekanntschaft mit Paul Bay, dem Assistenten Rudolf Steiners; Mitarbeit in Bays Schreinerei; Mitarbeit am Aufbau der Künstlerkolonie Fontana Martina in Ronco
1929 Mitarbeit beim Aufbau einer Schreinerei für das heilpädagogische Heim im schlesischen Striegau
1933 Bau eines eigenen Werkstatt- und Wohnhauses in Zürich; Rückkehr zum Möbelbau
ab 1938 Mitglied des Schweizerischen Werkbunds (SWB)
1939 Teilnahme an der Landesausstellung in Zürich: Einrichtung einer Gartenhalle und eines Wohnraums für eine kinderreiche Familie
1942 Ausbildung zum Werklehrer am Lehrerseminar Zürich-Unterstrass
1944 Entwicklung eines Möbelprogramms für Heime und Notwohnungen unter Mitarbeit von Hans Wallis
1946 Gründung der Werkgenossenschaft Wohnhilfe in St. Gallen gemeinsam mit 30 Schreinermeistern
1947 Beteiligung an der Gründung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Gestaltendes Handwerk (SAGH)
1948 Entwicklung und Patentanmeldung des Leichtmöbelprogramms Plio
ab 1957 publizistische Tätigkeit
ab 1964 Übersiedlung ins Tessin; rege Architektentätigkeit
Nach einer Schreinerlehre besuchte Jacob Müller zunächst Wilhelm Kienzles Innenausbau-Unterricht an der Zürcher Kunstgewerbeschule. 1927 wurde er Zeuge des Baus und der Kontroverse um die Stuttgarter Weissenhofsiedlung und distanzierte sich in der Folge bald vom Neuen Bauen. Ab 1928 betätigte Müller sich selbst als Architekt und lernte im selben Jahr Paul Bay, den Assistenten Rudolf Steiners kennen, der ihn mit der Technologie des Massivholzmöbelbaus vertraut macht. 1933 gründete er mit dem Bau seines eigenen Werkstatt- und Wohnhauses in Zürich seine Bauwerkstatt, kehrt aber als Folge der Wirtschaftskrise bald darauf zum Möbelbau zurück. Zunächst entwickelte er Kindermöbel aus Massivholz, später folgten Einzelmöbel und Innenausbauten für Privatkunden. Die Möbelprogramme für Heime und Notwohnungen, die er 1944 entwickelte, waren von genialer Einfachheit und liessen sich in Arbeitsteilung durch kleine Handwerksbetriebe seriell herstellen. 1946 rief Müller in St. Gallen die Werkgenossenschaft Wohnhilfe ins Leben. Die ersten Wohnhilfe-Möbel stellen bereits Musterbeispiele für Müllers Schaffen dar: einfach konstruierte, aus hellem Massivholz gefertigte Möbel, die durch sparsame Verwendung des Materials charakterisiert sind. Sie liessen sich zerlegen und konnte dann vom Kunden selbst zusammengebaut werden. 1948 folgte die Entwicklung und Patentanmeldung des Leichtmöbelprogramms Plio für Haus, Garten und Reise. Vielseitig, beweglich, robust, leicht und praktisch sollte dieses Klappmöbelprogramm nach Müllers Zielsetzung sein. Gleichzeitig sollten die Möbel in produktionstechnischer Hinsicht wirtschaftliche Bedürfnisse erfüllen, beispielsweise der Holzknappheit Rechnung tragen. Dem Designpionier Müller gelang es damit, innerhalb seines Werks und seiner Zeit ein ausgesprochen modernes Möbel zu schaffen.
Quellen:
Rüegg, Arthur (Hg.), “Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert“, Basel/Boston/Berlin 2002
Museum für Gestaltung Zürich (Hg.), Claude Lichtenstein, Jürg Brühlmann, “Jacob Müller. Handwerk, Technologie und Experiment“, Reihe Schweizer Design-Pioniere 5, Zürich 1988