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Foto: Serge Libiszewski, Zeitschrift „Graphis“, 1960
Quelle: irenebrination.typepad.com
Lora Lamm
Foto: Serge Libiszewski, Zeitschrift „Graphis“, 1960 Quelle: irenebrination.typepad.com
Foto: Serge Libiszewski, Zeitschrift „Graphis“, 1960 Quelle: irenebrination.typepad.com

Lora Lamm

CH, geboren 1928
BiographyLora Lamm
*1928 in Arosa

1946–1951 Studium an der Kunstgewerbeschule Zürich
1952–1953 Mitarbeit im grafischen Atelier von Romain Sager in Zürich, Teil der Triplex-Agentur
1953 Umzug nach Mailand
1954 Mitarbeit im Studio Boggeri und bei Panettone Motta Milano in Mailand
1954 Eintritt und Anstellung in der Werbeabteilung des Kaufhauses La Rinascente
1958–1963 Ständige freie Mitarbeiterin in der Werbeabteilung des Kaufhauses La Rinascente und des Warenhauses Upim; Freelance-Arbeit für andere italienische Firmen
1963 Rückkehr nach Zürich; Freelance, später Partnerin in der Agentur Frank Thiessing BSR in Zürich/Lugano

Lora Lamm ist eine der bedeutendsten und innovativsten Vertreterinnen des Mailänder Grafikdesigns der 1950er-Jahre. Sie studierte von 1946 bis 1951 Grafik an der Kunstgewerbeschule Zürich. Zu ihren Lehrern zählten unter anderen Johannes Itten, Ernst Keller und Ernst Gubler. Nach ihrem Studienabschluss und der Anstellung im grafischen Atelier der Triplex-Werbeagentur zog es sie – dem Ratschlag Frank Thiessings, Texter derselben Agentur, folgend – ins wirtschaftlich boomende Mailand der Nachkriegszeit. Dort wurde sie zunächst Mitarbeiterin im Studio Boggeri. Für die einflussreiche, 1933 von Antonio Boggeri gegründete Werbeagentur arbeiteten auch andere renommierte Schweizer Designer, so Max Huber, Walter Ballmer, Carlo Vivarelli, Aldo Calabresi, Max Schneider oder Bruno Monguzzi. Lora Lamm hatte die Mitarbeit im Studio Boggeri zeitlich bewusst limitiert. Sie schaute sich daher bald nach anderen Möglichkeiten um und fand eine Anstellung als Verpackungsgestalterin bei der Firma Panettone Motta Milano. Auf Empfehlung des Schweizer Grafikers Max Huber kam sie 1954 in die Werbeabteilung des Warenhauses La Rinascente. Aufgrund der Abwesenheit des Chefgrafikers durch den Militärdienst konnte sie die Gestaltung und Produktion der Hauszeitschrift "Cronache" übernehmen. Schnell erarbeitete sich Lamm eine feste Anstellung. Das moderne Kaufhaus auf hohem Niveau gehörte seinerzeit zu den ersten italienischen Unternehmen mit einem einheitlichen Auftritt und einer eigenen Design-Abteilung: Max Huber hatte ein integrales Konzept für seine visuelle Kommunikation entwickelt. So waren zwar die gestalterischen Richtlinien weitgehend festgelegt, als Lamm ihre Arbeit aufnahm. Aber ihr blieb genug Spielraum für eigene gestalterische Visionen, die im Unterschied zu jenen Hubers stark von der Illustration geprägt waren und sich vermehrt an ein weibliches Publikum richteten. La Rinascente umwarb seine Kundinnen mit neuen Kollektionen, die nun als Mode von der Stange gekauft werden konnten. Gefragt war daher eine Werbestrategie, die die Frauen direkt ansprach. Lamm ersann für ihre Plakate und Werbedrucksachen feenhafte Wesen, die frisch, extravagant, weltoffen und heiter wirken. Durch den originellen Einsatz von Fotografie, Illustration und Typografie fand sie zu Bildideen, die durch Witz und Poesie bestechen und trotz der zeitgebundenen Mode noch heute aktuell sind. Für ihre Entwürfe arbeitete Lamm mit verschiedenen Fotografen zusammen. Der ebenfalls bei La Rinascente angestellte Schweizer Serge Libiszewski steuerte häufig die Accessoires-Fotografien bei, externe Fotografen wie Aldo Ballo lieferten Sachfotografien für Flyer und Kataloge. Inspiration für ihre Gestaltungsideen fand Lamm in den Neuheiten, die Einkäufer und Stilisten aus dem Ausland mitbrachten, in internationalen Zeitschriften und dem "Art Director's Annual" oder in grafischen Beispielen anderer Kaufhäusern in New York oder Tokio. Eine ihrer bedeutendsten Werbekampagne war "Il Giappone" von 1956. Sie überzeugt durch eine schlichte japanische Note, die gleichzeitig dem Schweizerischen Konstruktivismus nahe steht. Vom Grundriss der Ausstellungsarchitektur und ihrer Gliederung durch Paravents leitete Lamm das formale Konzept der Kampagne ab. Die Farbpalette orientierte sich an den typischen japanischen Lackfarben: dunkles Rot, Senfgelb, Schwarz und Grau. Figürliches Leitmotiv bildete das Köpfchen der japanischen Nationalpuppe. 1958 entschied sich Lamm, weiterhin, nun jedoch als freie, ständige Mitarbeiterin, für La Rinascente und das dazugehörige Billigwarenkaufhaus Upim zu arbeiten. Dies erlaubte ihr, nebenbei selbständig für andere Kunden wie Pirelli, Elizabeth Arden, Niggi oder Latte Milano zu arbeiten. Auch bei Pirelli wandte man sich an die weibliche Kundschaft. Ein besonders charmantes Kleinplakat zeigt beispielsweise ein gut gelauntes junges Mädchen mit wehendem Haar auf dem Sozius eines Rollers (1960). Die Illustration wird durch eine Fotografie des Ersatzrades ergänzt. Carlo Vinti beschreibt Lamms Herangehensweise als einen «dritten Weg» neben dem strengen Swiss Style und dem spielerischeren, humorvolleren Stil der englischsprachigen Länder. 1963 kehrte Lamm nach Zürich zurück, wo sie als Freelancerin arbeitete und später als Partnerin in die Werbeagentur Frank C. Thiessing eintrat. Sie hielt jedoch weiterhin Kontakte nach Mailand und führte noch bis 1966 für italienische Kunden Aufträge aus. 2015 empfing Lora Lamm den Schweizer Grand Pix Design des Bundesamts für Kultur.

Quellen:
Richter, Bettina, Barbara Junod (Hg.), "Poster Collection 14: Zürich - Milano", Baden 2007
Lamm, Lora, Nicoletta Ossanna Cavadini (Hg.), "Lora Lamm, Grafica a Milano – Graphic Design in Milan 1953-1963", Mailand 2013